Blick über den Tellerrand - nach Hokksund in Norwegen

Blick über den Tellerrand - nach Hokksund in Norwegen

Das Erasmus+ Programm der Europäischen Union ermöglichte drei Lehrkräften des BSZ Amberg – Stefanie Lang (FOSBOS), Bernhard Mikuta (Staatl. Technikerschule), Florian Koller (Berufsschule/Staatl. Technikerschule) – nun für drei Tage am Unterrichtsgeschehen an der Eiker Videregående Skole in Hokksund in Norwegen teilzunehmen.

Ein kurzer Reisebericht:

Unsere Woche begann mit dem Flug von München nach Oslo. Gleich nach der Ankunft fuhren wir mit dem Zug nach Hokksund, einer Kleinstadt mit ca. 9.000 Einwohnern. Noch am Ankunftstag trafen wir uns mit der Schulleitung der Eiker Videregående Skole zu einem Kennenlernen-Dinner. Mit dabei waren zwei Kollegen aus der Berufsschule Eckernförde bei Kiel, die ihre Schüler zu einem Austausch begleitet hatten. Nach dem Essen entschieden wir uns zu einem spontanen Spaziergang durch den historischen Ortskern von Hokksund. Mit unserem norwegischen Kollegen Edwin wanderten wir entlang des Flusses Drammenselva bis zu einer Papierfabrik am Ortsrand. Wegen der Schneeschmelze konnte man am Wehr des angeschlossenen Elektrizitätswerks tosende Wassermassen bewundern.

Am folgenden Tag empfing uns nach einem ersten Rundgang durch die Eiker Videregående Skole der Schulleiter Jan Helge Russnes und seine Mitarbeiterin Mette Mihle Loe. Bei einem Austausch über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede des deutschen und norwegischen Schulsystems lernten wir einige Besonderheiten der norwegischen Schule kennen:

  • In der Schulkantine dürfen sich die Schülerinnen und Schüler an einer Müslibar ein kostenloses Frühstück zusammenstellen.
  • Ein Fitnessraum mit Sportgeräten darf von den Schülerinnen und Schülern bzw. den Lehrkräften auch außerhalb des Unterrichtsbetriebs genutzt werden.
  • Die beiden MakerSpaces – ein Werkraum mit 3D-Drucker und Lasercutter und das ProductionLab mit Podcast-Mikrofonen, Mischpult und Musikinstrumenten stehen den Schülerinnen und Schülern ebenfalls für private Projekte zur Verfügung.

Besonders die eigenverantwortliche Nutzung dieser Möglichkeiten, auch außerhalb des regulären Unterrichts, ist positiv aufgefallen. In der von uns besuchten Stunde stellten Schüler ihre privaten Finanzpläne zur Finanzierung von Häusern oder Autos vor.

Danach besuchten wir weitere Unterrichte in den Fächern Mathematik und Informatik. Dort programmierten die Schüler mit Hilfe von HTML und JAVA-Script interaktive Webseiten und Quizze zu einem selbstgewählten Thema. Die selbstständige Arbeitsweise und die tollen Ergebnisse der Schüler beeindruckten uns sehr.

Am späten Nachmittag stand ein weitere Ausflug auf dem Programm: unser Kollege Edwin fuhr mit uns nach Drammen, der größten Stadt westlich des Oslofjords. Über den 1650m langen Spiraltunnel schraubten wir uns über 6 Schneckenwindungen bis zum Gipfel nach oben. Der Tunnel wurde im Jahr 1961 zur Feier des 150-jährigen Stadtjubiläums eröffnet und auf dem Gipfel bot sich uns ein herrlicher Ausblick über den Drammensfjord bis zum benachbarten Oslofjord.

Auch der darauffolgende Tag startete mit weiteren Unterrichtsbesuchen. Die Hospitationen erfolgten überwiegend in Abschlussklassen – vergleichbar mit der gymnasialen Oberstufe in Bayern. In Physik und Spanisch standen die Unterrichtsmaterialien den Schülerinnen und Schülern auch digital zur Verfügung. Die Arbeitsatmosphäre war angenehm und von gegenseitiger Wertschätzung geprägt. In Physik konnten sich die Schüler selbstständig auf ihre Abschlussprüfung vorbereiten und erhielten bei Bedarf Unterstützung von ihrem Lehrer.

Anschließend besichtigten wir gemeinsam mit dem Schulleiter Jan Helge den ca. 20 Kilometer entfernten Nachbarort Kongsberg. Im Technologiepark erhielten wir bei der Firma K-Tech einen Einblick in die norwegische Berufsausbildung im Bereich Elektro- und Metalltechnik. Die Ausbildung wird in enger Kooperation mit den Betrieben durchgeführt. Im Gegensatz zu Deutschland sind die Schüler jedoch nicht direkt bei einer Firma angestellt. Die Kooperation ist aber trotzdem eine Win-win-Situation für beide Seiten: Personal und Auszubildende nutzen gemeinsam die Besprechungsräume, Werkstätten und die Kantine. Die Betriebe begleiten von Beginn an die persönliche Entwicklung der Auszubildenden und stehen natürlich als potenzielle Arbeitgeber zur Verfügung.

Im Anschluss daran erkundeten wir den historischen Stadtkern von Kongsberg. Die Stadt ist bekannt für den Abbau von Silber und beherbergt noch immer die staatliche Prägeanstalt für norwegische Münzen. Kongsberg liegt am Fluss Lågen und auch hier boten die Wassermassen an den Wehren ein beeindruckendes Schauspiel.

Nachdem wir an die Eiker Videregående Skole zurückgekehrt waren, stellte uns ein Kollege noch ein Schulprojekt vor. Er ist verantwortlich für die Fortbildung der Lehrkräfte im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) und den Einsatz von Chatbots. Thematisiert wurden sowohl Möglichkeiten als auch Herausforderungen, die der Einsatz von KI bei der Unterrichtsvorbereitung und der Erstellung von Prüfungsaufgaben mit sich bringt.

Am nächsten Tag bekamen wir bei unseren Hospitationen einen weiteren Einblick in die Unterrichtsfächer Informatik, Mathematik und Psychologie in verschiedenen Jahrgangsstufen. Besonders beeindruckt haben uns die Projekte unseres norwegischen Kollegen Petter. Seine Schüler nutzen im Unterricht den Makerspace, um eigene Brettspiele zu entwickeln und zu designen. Die Schüler präsentierten uns stolz ihre Spiele, die wir natürlich auch ausprobieren durften: jedes Spiel verarbeitet das zuvor im Unterricht vermittelte Wissen wie z.B. die Maslowsche Bedürfnispyramide oder Freuds psychoanalytische Theorie.

Nach der letzten Unterrichtsstunde im Fach Informatik fand nachmittags ein abschließendes Evaluationsgespräch statt. Unsere norwegischen Kollegen wollten natürlich erfahren, was uns besonders gut gefallen hat und ob es noch Verbesserungsmöglichkeiten bei der Gestaltung des Job Shadowing gibt.

Am letzten Tag unserer Reise ging es zu den Veranstaltungen des Nationalfeiertags mit dem Zug in die Hauptstadt Oslo. Jedes Jahr wird am 17. Mai an die Verabschiedung des Grundgesetzes des Königreichs Norwegens im Jahr 1814 erinnert. Bereits Tage zuvor konnten wir die Freude auf diesen besonderen Tag spüren, der auf Norwegisch als grunnlovsdag (Verfassungstag) bezeichnet wird. Im ganzen Land finden Umzüge von Schulklassen und Musikkapellen, in Oslo unter den Augen der Königsfamilie, statt – jedoch keine Militärparaden.

Viele Norwegerinnen und Norweger tragen an diesem Tag die traditionelle Tracht ihrer Region. Während unseres Besuchs haben wir überall sehr schöne und freundliche Erfahrungen mit den Einheimischen gemacht. Auch in Oslo sind wir schnell mit den Menschen ins Gespräch gekommen, die uns ihre Erfahrungen mit den Stärken und Schwächen des norwegischen Schulsystems schilderten. Nachmittags besuchten wir den Dom und den Festbetrieb am Hafen rund um die Festung Akershus. Mit vielen wunderbaren Eindrücken kehrten wir von unserem Ausflug in Norwegens Hauptstadt zurück.

Stefanie Lang, Bernhard Mikuta, Florian Koller

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